Hier geht es um die abschließenden Fragen, welche Bedürfnisse die Frauen in einem Club befriedigen wollen und können und welche Vorteile und gegebenenfalls Nachteile sie dieser Einrichtung beimessen. Gerade bei diesem Blickwinkel kommt es häufiger zu Wiederholungen von bereits erwähnten Details.
Bei ihren Solobesuchen sucht Tine in erster Linie den „Kick“ und das „Prickeln“, etwas „Verbotenes“ zu tun. Manchmal ist das gepaart mit dem Gefühl, ihren Mann zu bestrafen, „nach dem Motto: Das hast du jetzt davon!“ Denn sie will Sex „gern etwas öfter und mehr und länger“. Doch zeitweilig findet Tine die Männer im Club auch nicht viel potenter und einfühlsamer als ihren Ehemann. Sie hat aber zumindest eine Auswahl an Männern und Kombinationsmöglichkeiten, beispielsweise Männer, die zwar nicht ausdauernd, dafür aber sehr zärtlich sind.
Wenn die Auswahl nicht groß ist, liegt für sie der Reiz in der Clubatmosphäre. Man kennt sich, die Betreiberin ist nett, und sie fühlt wohl – meistens. Denn bei ihren Solobesuchen ist sie latent auf der Suche nach einem Mann für eine exklusivere Beziehung, wo eben „beides zusammenpasst“ – Sex und Liebe oder zumindest Leidenschaft – wie bei ihrem Nachbarn. Aber sie muss sich eingestehen, „solche Männer findet man da wohl nicht.“
Abgesehen von dieser Motivation, sucht sie den Club auch auf, wenn sie ausgelaugt und lustlos ihrem Alltag entfliehen will. Sie kann sich im Club dann „gehen lassen“, „abschalten“ und alles, was draußen ist, vergessen, auch wenn sie den ganzen Abend nur am Tresen sitzt, ein Glas Wein trinkt und sich unterhält. Sie muss nicht unbedingt Sex haben. Manchmal will sie auch einfach fremde Menschen um sich und für niemanden erreichbar sein.
Sie bleibt aber selten lange allein, denn es gibt meistens aufmerksame und auch zärtliche Männer, die sie gerne verwöhnen. Und so manches Mal kümmern sich gleich zwei Männer um sie, was sie ganz besonders genießen kann.
Sie stellt fest, dass die Clubbesuche „schon fast wie eine Sucht sind“, und versucht sich zu mäßigen oder ganz damit aufzuhören. Aber es ist „dieses Ausklinken“, was so schön für sie ist.
Anna schlägt sich die erste Zeit mit Konflikten herum, bis sie sich Clubbesuche zugesteht. Sie bemerkt aber bald, dass sie an „dieser Art von Selbstinszenierung im Club“ und am Sex mit mehreren Männern Spaß hat. Was ihr im Club auch sehr gut gefällt, ist die Kontaktfreude und Authentizität der Menschen. Keiner tut aufgesetzt cool; die Leute sind offen und „man wird angesprochen“.
Allerdings findet sie, „ein tantrischer Swingerclub – das wäre schöner!“ Denn manchmal findet sie es im Club so ernsthaft – „das Manipulieren an den Geschlechtsteilen. Die Menschen lachen nicht, sie haben auch ganz wenig Ganzkörperkontakt, sondern befummeln sich gegenseitig“.
Zu einem optimalen Abend gehört für sie die „Freude an der Begegnung“, „auch Leichtigkeit“, und das „wirklich miteinander in Kontakt sein.“ Ein Orgasmus ist ihr nicht wichtig; den erreicht sie alleine besser. Was sie als Singlefrau stärker vermisst ist: „einen Körper anfassen, auf sich fühlen und küssen“. Küssen und Riechen ist ihr überaus wichtig. Anna schaut gezielt nach Männern, die sie küssen kann, ist aber verblüfft, dass sie dort auch mit Männern Sex haben kann, die sie nicht küssen würde. Das ist dann aber „schon nicht SO gut!“
Sie achtet dabei auf ihre Grenzen und ist im Neinsagen sehr geübt, denn sie hat den Eindruck gewonnen, dass man als Frau sehr auf sich aufpassen muss, gerade weil sie beim Sex auch ihre Grenzen erweitert und manches ausprobiert. „Ich könnte in einen Club gehen und mich da hinlegen wie ein totes Stück Fleisch, und es würde da Männer geben, die mich noch vögeln würden“. An Tagen, an denen niemand Passendes im Club ist, geht sie dann ohne Sex, aber schon ein bisschen enttäuscht nach Hause.
Im Moment wünscht sie sich mal wieder eine dauerhaftere Beziehung, will aber das, was sie an ihrem Singleleben schätzt, nicht aufgeben. Sie ist „nicht sehr bereit, Kompromisse zu machen, nur um einen Mann zu haben“. Wenn sie sich entscheiden kann, fällt es ihr leichter, nur Sex zu haben. Sie verliebt sich auch selten. Weshalb sie vorrangig einen Mann haben will, ist Sex. Deshalb geht sie in Clubs. Durch den Tod der Großmutter wird ihr klar, dass ihr Leben nicht so „dahinplätschern“ soll, bis sie eines Tages selber stirbt. Und seit sie ihre Sexualität im Swingerclub auslebt, hat sie „wirklich ein viel besseres, schöneres, reicheres Leben“ als das, was sie in stabilen und langjährigen Beziehungen ohne Leidenschaft und Lebendigkeit hatte. Was sie jetzt an Begegnungen hat, ist für den Moment oft ganz leidenschaftlich und intensiv, aber eben nicht von Dauer. Vorher wusste sie gar nicht, „was intensive Momente sind“. Nachdem sie ihre eigene Lust entdeckt hat, kann sie sich inzwischen auch mit dem männlichen Pe-nis, den sie früher eher befremdlich fand, auseinandersetzen und hat sogar Gefallen daran gefunden. Sie bemerkt auch, dass es ihr, ohne emotionale Bindung zu den meist jungen Männern im Club, viel leichter fällt, sexuell zu experimentieren und sich „mit allen Facetten“ in ihrer Lust zu zeigen.
In den Clubs sind die Männer „natürlich geil, und man kriegt mal was Nettes gesagt“. Aber es fehlt ihr dabei so etwas heilsam Spielerisches, was sie in ihren tantrischen Begegnungen erlebt. Darüber ist sie traurig. Das bekommt sie im Club nicht. Dort bekommt sie „etwas anderes“, findet es aber „schon schade!“
Lilly zieht schon nach dem ersten Besuch vier Hauptergebnisse aus der anschließenden gemeinsamen Auswertung: 1. „Es war ein Ganzkörper-Erlebnis“ und ein gutes Gefühl, „einfach ausgelaugt und befriedigt“ zu sein. 2. „DAS war was anderes“ als ein One-Night-Stand. 3. Sie wurden „wahnsinnig respektvoll behandelt“. Und 4. „Es ist SO einfach!“
Sie findet vor allem die Möglichkeit „phänomenal“, jederzeit Nein sagen zu können, sich selbst den Genuss zu erlauben, ohne daran zu denken, was der Partner will und „gleichzeitig so ein Symphonie-Orchester aus mehreren Männer zu dirigieren.“ Und dazu kommt man im Club ganz einfach. Vorher musste sie sich „stundenlang aufrüschen“, „stundenlang in verrauchten Kneipen ‚rumstehen“, um danach „einen betrunkenen Typen mit nach Hause zu nehmen, der es eh nicht mehr bringt!“ Im Club kann sie sich als Frau sogar aussuchen, was sie möchte. Und Lilly „mag es einfach stundenlang“ – bis zur körperlichen Erschöpfung. Sie legt es daher im Club darauf an, sexuell mit mehreren Männern zu verkehren – gleichzeitig und nacheinander, denn ihren Ansprüchen wird kaum ein einzelner Mann gerecht. Dabei ist ihr nicht so wichtig, von wem die unterschiedlichen Berührungen stammen. Für sie zählt der „Gesamtgenuss“. Sie lässt sich fallen und genießt einfach nur. Seit sie den Raum mit den Spiegeln entdeckt hat, genießt sie zudem den Sex mit sich selbst. Sie hat nämlich entdeckt wie „überirdisch“ schön sie in ihrer „raubtierhaften Geilheit“ aussieht. Das fasziniert sie, gerade weil sie sich gelegentlich hinsichtlich ihres Äußeren mit Unsicherheiten und Hemmungen herumschlägt.
Im Club sucht sie nicht die intime Begegnung mit Herzbeteiligung – das wäre ihr zu gefährlich – sondern reinen Sex; eigentlich „wie ein Mann“. Sie geht auch nur hin, wenn sie nichts anderes will. Sex im Club ist dann „wie Knöpfe-Drücken“. „Man drückt bestimmte Knöpfe, damit bestimmte Gefühle entstehen“. Sie nimmt sich das, was sie braucht. Dabei ist ihr der Partner ziemlich egal. In ihren Beziehungen war Sex etwas völlig anderes – wie „zwei Sportarten“. Da zählt vor allem der Aspekt der Intimität. Es gibt im Club schon auch intime Momente, wenn sie hinterher mit einem Liebhaber noch auf dem Bett liegt und redet. Doch das ist eher freundschaftlich, oft sogar „kumpelmäßig“.
Obwohl Lilly beim Sex viel mehr nimmt als gibt, betrachtet sie das als „Win-Win-Situation“. Die Männer haben einen „freien Willen“, und außerdem gibt es ihnen, wie sie regelmäßig zurückmelden, viel, sie in ihrer sich steigernden Lust erleben zu dürfen.
Cora erlebt das erste Mal „so klasse“, dass ihr sofort klar ist, „davon“ mehr zu wollen. Sie findet gleich in der Anfangszeit nicht nur „reinen Sex“, sondern „auch Streicheln, in Arm genommen werden, wahrgenommen werden, Aufmerksamkeit“.
Wenn sie heute Lust auf einen Besuch im Swingerclub hat, kommt „ein Bild von einem bestimmten Club“ in ihr hoch, und meistens bestätigt sich ihr Bauchgefühl. Auf dem Weg dahin stellt sie sich dann vor, was sie erleben möchte. An manchen Tagen will sie einfach nur Streicheleinheiten, wahrgenommen werden, sich unterhalten. Das bekommt sie auch. Cora geht so häufig und beständig in den Swingerclub, wie andere Leute in ihre Stammkneipe gehen. Sie will sich austauschen und unterhalten, Spaß haben. Es gibt dort einen „festen Kern“ von Leuten über vierzig, wo es „einfach lustig“ zugeht. Das ist dann regelmäßig wie „eine Party mit Tanzen, Spaß haben, Lachen“. Wenn sie sich stark mit dem Gedanken an sexuelle Lust beschäftigt, dann geht es ihr nicht mehr um Unterhaltungen und Zärtlichkeit, sondern um „reinen Sex“. Manchmal wünscht sie sich, dass sich jemand ausschließlich um sie kümmert, oder vielleicht auch zwei, drei und mehr Männer gleichzeitig oder hintereinander. Auch das bekommt sie dann. Es kommt für sie dabei gar nicht auf ihr Gegenüber an. Sie hat sowieso ganz oft die Augen geschlossen, um zu genießen, und dabei ganz bei sich zu sein. Für Cora zählt das Miteinander im ‚Hier und Jetzt’.
Sie kann mittlerweile genau sagen, worauf sie Lust hat und was sie nicht mag. Zu Beginn ist es „eine Übung“, das deutlich zu machen – vor allem das Nein-Sagen. Denn zu der Zeit ist sie noch sehr passiv und auf die Bedürfnisse der anderen ausgerichtet, bis sie festgestellt, dass ihr manches nicht so gefällt und sie als Frau in der Position ist, Verschiedenes durch Anweisungen besser zu „managen“. Denn gerade wenn mehrere Männer mit ihr beschäftigt sind, können sich diese nicht gegenseitig dirigieren. Das kann nur sie. „Und das muss akzeptiert werden. Wenn das jemand nicht akzeptiert und aufdringlich wird, dann fliegt der raus“. Ein Swingerclub ist für Cora in erster Linie „ein ganz sicherer Raum, um Sexualität auszuleben.“
Wenn sich Männer für sie interessieren, obwohl noch andere Frauen im Club sind, dann hebt das außerdem ihr Selbstwertgefühl, was wiederum ein „ganz anderes Auftreten“ zu Hause bewirkt. Sie hat den Eindruck, dass es ihre Partnerschaft belebt und eine „Balance“ herstellt.
Nachdem Iris sich am Anfang – etwas abgeschreckt vom Beispiel ihrer Freundin – fragt, wozu das gut sein soll, ist es inzwischen so, dass sie bei ihren wöchentlichen Besuchen unter gewissen Umständen ein Bedürfnis „artikuliert“, und zwar dann, „wenn da was schwingt“. Bisher kann sie sexuelle Begegnungen im Club allerdings „an einer Hand abzählen“, wobei sie nur mit zwei Männern auch richtigen Verkehr hatte. Unter diesen Umständen erlebt sie immer „wundervolle erotische Begegnungen“ und „pure Lust.“ Sie hat bisher auch das Glück, an gute und ausdauernde Liebhaber zu geraten, die genau wissen, was sie mag. Diese Erlebnisse findet sie „fantastisch, überhaupt nicht verpflichtend, wundervoll schwingend, sich gegenseitig beschenkend“ – und das „in einem geschützten Raum“ in dem sie sich nach Lust und Laune in verschiedenen Bereichen mit verschiedenen Möglichkeiten wie auf einem „Spielplatz“ bewegen kann, alles „spielerisch und mühelos ausprobieren“, „lustvoll und freudvoll und friedvoll und auch nicht friedvoll“, je nachdem, was sie will.
Ein Swingerclub ist ihrer Ansicht nach ein „absolut sicherer Raum“, in dem sie als Frau „meist ohne finanziellen Einsatz in einem sehr gepflegten Ambiente, mit unterschiedlichsten Spielmöglichkeiten, mit Wellness-Möglichkeiten, mit fantastischem Essen und Getränken, und wundervollen Gesprächen, Menschen begegnet“, mit denen sie, wenn sie das will, „auch erotisch kommunizieren kann“. Es ist ein Bereich, der ihr erlaubt, sich auszuleben, sich auszuprobieren, all das zu tun, was sie sich wünscht und vorstellt, ohne „reglementiert“ oder gar kritisiert zu werden. Das einzige, was passieren könnte, ist, „dass jemand Nein sagt.“ Wenn sie das früher gewusst hätte, hätte sie „nicht in einer Disco sitzen müssen oder in Bars oder sehnsuchtsvoll schmachtend zu Hause“.
Trotz ihrer guten Erfahrungen würde sich Iris nicht als Swingerin bezeichnen, denn dieses Etikett passt ihrer Ansicht nicht zu der Art, wie sie diese Möglichkeit nutzt. Sie geht hauptsächlich in den Club, um dort einfach Spaß mit den Menschen zu haben. Und dazu ist Sex für sie nicht zwingend notwendig. Sie hat auch nicht die Absicht, Fantasien aus ihrem „Kopfkino“ Realität werden zu lassen. Gangb*ngs findet sie zum Beispiel abschreckend. In der Fantasie haben sie für sie jedoch durchaus „einen gewissen Reiz.“ Ihr geht es um Berührung, und da „steht“ für sie „Liebe drüber.“ Und Liebe umfasst für sie „alles das, was mit Sinnlichkeit zu tun hat: Mit dem Wahrnehmen, dem Entdecken, dem Berühren von Lebewesen“.
Ganz neu ist ihr Interesse für BDSM. Dass sie das reizen könnte, war früher außerhalb ihrer Vorstellung. Wenn ihr diese Variante stimmungsabhängig Spaß macht, kann sie darüber viel Lust erleben. Das ist für sie jedoch keine neue Orientierung, die nun zu ihrer Identität gehört. Wenn sie das nicht will, „schaltet“ sie diese Facette wie mit einem Schalter einfach ab. Sie ist in ihrem Leben „der Boss“ und damit „die Einzige, die darüber befindet“, ob sie das will oder nicht, ob sie etwas macht oder nicht. Und wenn sie sich mal spielerisch dominieren lassen will, dann, weil sie Lust dazu hat.
Noch ist bei Regina der Besuch eines Swingerclubs ein Gedankenspiel. Sie tastet sich aber heran, indem sie sich eine Insiderkneipe mit ähnlichen Möglichkeiten ansieht. Im Moment ist sie aber „wieder so ’n bisschen davon weggekommen“, weil sie „so einen großen Wunsch nach exklusiver Intimität“ hat. Daher denkt sie aktuell wieder eher über einen Callboy nach. Den Besuch eines Swingerclubs empfindet sie, im Vergleich dazu, als „weitaus größeren Schritt“, „weil das mit so VIELEN Leuten ist“. Ein Callboy ist ihr durch frühere Kontakte auch schon vertrauter, und sie hätte das Gefühl, mehr Kontrolle zu haben – vorausgesetzt sie kennt ihn oder er wird empfohlen. „Sonst ist das echt gefährlich!“
Aber die Möglichkeit, sexuelle Kontakte in einem Club zu erleben, „wo man darf, aber nicht muss und gucken kann, auch aussuchen – und vor allen Dingen weiß, dass da auch gleichgesinnte Leute sind – man da nicht auf so einer hirnlosen Suche ist, nur weil die Hormone gerade mal wieder verrückt spielen“, findet sie nach wie vor noch verlockend. „Sex ohne Verpflichtung“, findet sie, „kann schon schön sein“.
Sie stellt sich vor, dass ein Club einen „relativ geschützter Rahmen“ mit „sinnlicher, schöner Atmosphäre“ bietet, wo man „erst mal irgendwo sitzen und warm werden“ kann, „dass da für viele Spielarten Raum ist“, man sich „separieren“ kann oder auch etwas öffentlicher zeigen oder „dass noch jemand dazu kommt.“ Sich selbst möchte sie aber nicht offenbaren und lieber von einem „sicheren Platz“ aus das Treiben beobachten. Auf keinen Fall sollen ihr Leute ohne „Niveau und Wertschätzung“ zu nahe kommen. Sie hat von dem Verlauf eines Besuchs eine positive und eine negative Fantasie. In der positiven trifft sie auf einen attraktiven Mann, der sie ebenfalls attraktiv findet. Sie stellt sich dann einen schönen Abend vor – „erotisch, sinnlich, sich begegnend“, mit Körperkontakt, allerdings ohne Vereinigung. Das ist ihr zu intim! In der negativen Fantasie befürchtet sie, niemanden zu finden, den sie attraktiv findet, und dass sie „das Ganze eher ein bisschen abstößt“.
Weitere Befürchtungen sind, dass man „da dann auch zur Sache kommen“ müsste, dass einem außerhalb des Clubs nachgestellt wird, dass manche „nicht koscher und achtsam mit anderen Leuten sind“ oder „dass der eine oder andere nicht so wirklich auf Hygiene und Gesundheit achtet“. Vor Gewalt und Übergriffen im Club hat sie weniger Angst, da vertraut sie auf den „klaren Kodex in solchen Clubs“. Etwas „Sorgen“ hätte sie aber „bei extremem Männerüberschuss, weil da manchmal dann die Stimmung so komisch wird“.
Sie befürchtet auch, dass „Sex ohne emotionale Beteiligung schwierig wird“ – einerseits. Andererseits fragt sie sich aber auch ängstlich: „Wie emotional wird das da?“ Sie ist sich noch nicht darüber im Klaren, WIE emotional sie das überhaupt haben möchte, denn ihre Beziehung soll ja nicht gefährdet werden. Was sie sich dort aber gut vorstellen kann ist, „andere zu studieren, wie sie sich beim Sex verhalten“, und Neues über sich selbst herausfinden zu können. Dabei kann sie sich vor allem Sexspiele zu Dritt – mit Mann oder Frau – gut vorstellen. Da will sie sich eventuell „ein unangenehmes Erlebnis“ mit einer Dreierkonstellation aus einer früheren Beziehung „noch mal anschauen.“
Alternativen zum Swingerclub wären für Regina „tantrische Beziehungen“, in denen man sich mit „Achtung“ begegnet. Sie hat einige Freunde, die Tantriker sind. Für ihren Partner sind solche Begegnungen jedoch noch Tabu. Als „bequeme Zwischenlösung“ pflegt sie nun eine risikolose Telefonsexbeziehung, in der sie ihre „innere Hure“, ein wichtiger Aspekt ihrer Sexualität, herauslassen kann. Ihr Partner mag diesen Aspekt nicht wahrhaben. Aber sie will sich als Ganzes einbringen, mit diesem Aspekt spielen und sich dadurch auch besser kennen lernen. Sie kann sich vorstellen, dass ihr da „Alleingänge in den Swingerclub“ gut tun könnten – und letztlich auch der Beziehung.
Sandy ist schon lange vor ihrem ersten Besuch auf das Swingen neugierig, weil sie die Fantasie entwickelt hat, Sex mit mehr als einem Mann zu haben. Heute ist sie „Gangb*ng-Spezialistin“, Sex mit mehreren Männern gleichzeitig und hintereinander ist ihre Vorliebe. Dabei genießt sie es „als Objekt begehrt zu werden“ und sich „von einem Mann nach dem anderen nehmen zu lassen“. Außerdem gefällt es ihr, die Männer zu „dirigieren“ – zu sagen, „was die Männer machen dürfen und müssen“. Sie ist „eine Frau, die den Männern auch sagt, was sie braucht“
Sandy besucht verschiedene Clubs, darunter drei Stammclubs. Dort verkehrt sie überwiegend „als Solofrau“, denn sie kennt die Besitzer und viele Gäste. Ist der Club dagegen neu, will sie erst einmal in Begleitung sein. In einen ihrer Stammclubs geht sie regelmäßig zusammen mit einem Bekannten, mit dem sie in sexueller Hinsicht quasi ein Paar bildet. „In erster Linie“ geht sie aber in Clubs, „um auch Freunde mal wieder zu sehen“, nicht mit der Erwartung, „dass was passieren MUSS!“ Ein Betreiber-Paar, zum Beispiel, ist inzwischen so gut mit ihr befreundet, dass sie sogar schon zusammen im Urlaub waren. „Man unterhält sich ganz nett“ mit ihnen und den Stammgästen, „weil man schon eine gewisse Beziehung hat, oder man knutscht einfach nur rum, albert mal rum, aber man muss dann nicht mit denen auf der Matte sein.“ Da landet sie trotzdem oft genug.
Für Sandy sind die Swingerclubs, außer ihrer Arbeit, DAS soziale Umfeld schlechthin. Und wenn sie außerhalb des Clubs Männer kennen lernt, zum Beispiel über „diverse Chats“, in denen sie sich tummelt, trifft sie diese in einem ihrer Stammclubs – „wegen der Gefahr einfach“. Da ist sie „immer unter Kontrolle“. Sicherheit ist dabei EIN Aspekt. Ein weiterer Aspekt ist, dass sie ihre Neigungen ungern in ihren eigenen vier Wänden unter den Augen und Ohren der Nachbarn ausleben möchte. Denn es gibt nur wenige Tabus für sie. Nur die „wirklich ganz, ganz heftigen Geschichten“ lehnt sie strikt ab. Nymphoman oder sexsüchtig ist für sie jemand, der „morgens auch schon Sex haben muss“. Das brauche sie „noch nicht“. Es gibt auch Zeiten, in denen sie ein bis zwei Wochen keinen Sex hat. Sie möchte aber „nicht mit sechzig in einem Schaukelstuhl sitzen“ und sich fragen, was sie eigentlich erlebt hat. Das will sie heute erleben und nicht bereuen, „etwas nicht gemacht zu haben“. Gerade in ihrem Beruf sieht sie wiederholt, wie schnell und plötzlich ein Menschenleben zu Ende ist.
„Besser als einen Swingerclub“ fände Sandy allerdings einen festen Liebespartner. Am liebsten wäre ihr einer, der mit ihr „die Swingerei auslebt“, denn „derjenige müsste wissen und tolerieren“, dass sie swingt und nicht vorhat, damit aufzuhören.
Natalias Sexualleben in der Ehe ließ bis zum letzten Tag „nichts zu wünschen übrig“. Das gehört für sie auch zu einem gesunden Leben. Trotz der unerwarteten Singlefreuden, die sie nicht mehr aufgeben mag, will sie auch als alleinerziehende Mutter nicht auf Sex verzichten. Auf einem längeren Weg über Kontaktanzeigen, lästige One-Night-Stands und einen Callboy findet sie schließlich den Weg in einen Swingerclub.
Sie ist, trotz aller Unsicherheit, beeindruckt, denn das Etablissement ist – wie ein englischer Club – „so was von niveauvoll und locker“ und durchaus ein Platz, an dem sogar Gefühle von Romantik entstehen könnten. „Vom Maurer bis hin zum Industriellen ist da alles vertreten“. Viele Männer sind „unheimlich galant“. Sie hat „nicht mehr dieses Gefühl von One-Night-Stands“. Es ist ein Spaß, den sie sich da gönnt, „wie Tanzen gehen“. „Jeder weiß, was man da will“, das „lockere Nein-Sagen ist da viel einfacher“, und „man lernt so viel“. Sie findet, dass „dieses anrüchige Milieu“ etwas Familiäres und Gemütliches hat. „Es ist dort auch ein bisschen verboten und heimlich“, hat aber nicht das „Verlogene wie auf der Straße oder in der Diskothek“. „Jeder weiß, was man da will!“. Man geht ungezwungen miteinander um, ohne dieses versteckte Annähern, und ohne großartig zu überlegen, was man sagt. „Und dabei vergibt man sich nichts“.
Ein ganz wichtiger Aspekt ist für Natalia die Sicherheit, die ein Swingerclub bietet. Sie weiß, an wen sie sich im Notfall wenden kann. Mit dem Betreiberpaar ist sie inzwischen auch „richtig gut befreundet“. Sie sitzt manches Mal mit den beiden am Tresen und „klönt“.
Sie muss nicht unbedingt Sex haben, wenn sie im Club ist. Es gibt auch Abende an denen sie ausschließlich tanzt. Sie „greift sich nicht irgendwas, nur um da ’was zu erleben“. Das entwickelt sich oder auch nicht – „im Grunde ist es wie auf der Tanzfläche. Mit dem einen tanzt man lieber, mit dem anderen weniger.“ Und ganz bestimmt ist sie im Club „nicht auf Partnersuche – ganz im Gegenteil!“: Sie bekommt sogar „leichte Panik“, wenn ein Mann etwas Beständigeres anstrebt. Auch ihre swingenden Freunde und Bekannten müssen auf ihre Gesellschaft verzichten. Sie braucht „das Gefühl von Freiheit“ und will niemanden „an der Backe haben“.
Seit sie einen Unfall hatte, weiß sie wie nahe einem der Tod ist. Deshalb achtet sie auf Bedürfnisse, die ihr der Körper gegenwärtig signalisiert und auf ihre innere Stimme, der sie vertraut. Sie hat durch die gewonnene Offenheit „Sachen kennen gelernt, die man sonst normal NIE kennen lernen würde“, zum Beispiel mit verbundenen Augen und sanft gefesselt verwöhnt zu werden. Wem sollte sie sonst von solchen Bedürfnissen erzählen, da müsste man, meint sie, schon ziemlich lange mit einem Partner zusammen sein. Und bei einem Callboy hätte sie das Gefühl, dass der das nur fürs Geld macht.
ERGEBNISSE
In dieser Übersicht ist ohne Abstufung festgehalten, was von den Frauen spontan erwähnt wurde. Auch hier gilt: Wenn etwas nicht angesprochen wurde, kann es dennoch erlebt oder angestrebt werden.

Bedürfnisse ausleben und entdecken – Experimentieren
Die Frauen gehen überwiegend in den Club, um Sex zu haben. Dabei geht es ihnen darum, die EIGENEN Bedürfnisse zu entdecken und auszuleben. Das gelingt Anna beispielsweise im Club viel besser als in einer Beziehung. Es geht ihr, Natalia und Sandy auch um das Ausleben ihrer Sexualität angesichts der Endlichkeit der menschlichen Existenz. Alle drei erwähnen den Tod im Zusammenhang mit ihrem Drang, ihre Bedürfnisse zu entdecken und auszuleben. Auch die begleitende Freundin von Lilly scheint dieses Motiv gehabt zu haben, als sie zum Ausdruck bringt: „Man muss ja seinen Enkeln auch coole Geschichten erzählen können!“
Guten Sex – mehr Sex – puren Sex bekommen
Zu diesen Bedürfnissen gehört, dass der Sex befriedigend ist und daher länger dauert. Die Möglichkeit, mehrere Männer an einem Abend haben zu können, wenn ein Liebhaben nicht so ausdauernd ist, kommt den meisten Frauen sehr entgegen. Dass Sex als befriedigend empfunden wird, macht aber nicht zwingend einen Orgasmus nötig. Vor allem das Gefühl, genug davon zu bekommen, scheint Frauen wie Tine, Anna und Cora auszureichen. Lilly geht es an Clubabenden immer um puren Sex. Sie erlebt sich dabei meistens hormonell getrieben und ist erst befriedigt, wenn sie körperlich erschöpft ist. Sandy berichtet ebenfalls von solchen Zuständen, geht aber auch davon unabhängig in den Club. Ohne Orgasmus geht sie nie nach Hause.
Sich sicher fühlen – Schutz und Kontrolle haben
Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Sicherheit, die diese Einrichtung Frauen bietet. Man kann davon ausgehen, dass das auch Tine so empfindet, obwohl sie es nicht extra erwähnt. Das mag auch daher kommen, dass sie häufiger eine exklusive Clubbeziehung pflegt und sich dann an der Seite des jeweiligen Mannes geschützt fühlt. Sie weiß sich aber als Solofrau zumindest von der Betreiberin gesehen.
Kontaktfreude – Authentizität – Ungezwungenheit im Club
Auch die Kontaktfreude und Authentizität der anderen Gäste, die alle anderen Gesprächspartnerinnen rühmen, dürfte ihr gefallen, wenn sie alleine im Club ist. Jedenfalls bleibt sie bei Kontaktwunsch nie lange allein und kennt dort als Stammgast auch einige Gäste. Und die wissen alle weshalb sie im Club sind und gehen ganz ungezwungen miteinander um. Keiner „tut cool“, und der Kontakt kommt einfach und schnell zustande.
Körperkontakt und Zärtlichkeit bekommen
Erstaunlicherweise suchen und bekommen viele Frauen dort auch Zärtlichkeit. Fast alle werden von den Männern im Club regelmäßig mit Massagen, Streicheln, Küssen und fantasievollen Spielen verwöhnt. Am schönsten ist das für die meisten, wenn daran gleich zwei Männer beteiligt sind. Da sind sie im Mittelpunkt, und es geht ausschließlich um IHRE Lust, ohne den Gedanken, was SIE jetzt machen oder zurückgeben müssen. Das findet auch Iris klasse, äußert aber nicht so klar, und vor allen sehr selten überhaupt ein Bedürfnis. Lilly geht allerdings nie in den Club, wenn sie lediglich zärtlichkeitsbedürftig ist.
Verliebtheit – Liebe – Leidenschaft (für den Augenblick) empfinden
Außer Lilly, die gerade das Herz heraushalten will, erleben alle immer wieder intensive Momente der Begegnung und sogar Liebesgefühle im „Hier und Jetzt“. Sogar bei Natalia, die Liebesbeziehungen konsequent vermeidet, soll eine Verliebtheit für den Augenblick Ausgangspunkt für den sexuellen Kontakt sein.
Stammgast sein – Clubatmosphäre genießen
Alle Frauen, die einmal oder mehrmals wöchentlich den Club besuchen, fühlen sich dort wie in einer Stammkneipe und pflegen auch dementsprechenden Umgang. Da ist Sex mitunter gar nicht mehr so wichtig. Man unterhält sich und hat Spaß miteinander. Der Club ist da ein wesentlicher Teil des sozialen Umfelds – ein wichtiger sozialer Raum. Es ist eine relativ große Clique, in der die Mitglieder ein ganz ähnliches Freizeitverhalten an den Tag legen, das zudem vom Gros der Gesellschaft abweicht. Das schweißt zusammen und Neulinge sind sehr schnell Teil dieser Welt. Wie man bei Iris sehen kann, muss man dazu nicht unbedingt eingefleischter Swinger sein, denn sie macht von den Möglichkeiten eher selten und sehr gezielt Gebrauch. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sie noch nicht lange in diesem Kreis verkehrt. So ist denkbar, vorausgesetzt es bleibt bei den häufigen Besuchen, dass sie sich diesbezüglich vielleicht weiter anpasst und Swingen irgendwann als Teil ihrer Identität betrachtet oder sich wieder mehr davon distanziert.
Mehrere Männer dirigieren
Was bei Cora anfänglich noch reine Übung ist, haben Lilly und Sandy bald als Lust entdeckt. Bei Sandy bekommt man sogar den Eindruck, dass sie regelrecht Regie führt – wie in einem Pornofilm.
Aufmerksamkeit bekommen
Cora formuliert dieses Bedürfnis ganz konkret und bekommt auch was sie möchte. Gerade wenn auch noch andere Frauen anwesend sind, hebt es ihr Selbstwertgefühl, wenn sie von den Männern begehrt wird. Anna sucht das nicht so gezielt, registriert aber, wie gut ihr das tut, wenn man ihr Komplimente macht und sagt, was einem an ihr gefällt.
Etwas Verbotenes tun – Thrill erleben
Tine genießt das Prickeln, wenn sie sich unter einem Vorwand von zu Hause verabschiedet, um dann nach dem Karnevalsprinzip in eine andere Welt einzutauchen. Das Gefühl, damit auch ihren Mann zu bestrafen, gibt ihr auch eine gewisse Genugtuung und Rechtfertigung für ihr Doppelleben. Für Natalia schwingt das Verbotene und Heimliche lediglich in der Clubatmosphäre. Sie kann dem „verruchten“ Milieu einen gewissen Reiz abgewinnen.
Vom Alltag abschalten – Sich unabhängig und frei fühlen
Für Tine ist der Club auch einfach Fluchtmöglichkeit, wenn sie sich aus ihrem Alltag ausklinken will.
Gezielt Fantasien ausleben
Sandy ist die einzige, die dieses Bedürfnis klar zum Ausdruck bringt. Offensichtlich setzt sie ihre Fantasien auch ausgiebig um. Iris hingegen spricht sich sogar dagegen aus. Sie will ihre Fantasien als Fantasien behalten und nicht Realität werden lassen. Andererseits will sie aktuell im Bereich BDSM verstärkt Erfahrungen sammeln. Die Motive dazu liegen vielleicht mehr im Bereich Selbsterfahrung.
Selbstinszenierung
Wenn Anna von Selbstinszenierung spricht, ist dabei vielleicht auch der Aspekt der Selbsterfahrung von Bedeutung, schließlich hat sie gerade dadurch bereits in der Therapiegruppe und auch beim Tantra Erweiterung und Bereicherung erfahren. Auch Regina liebäugelt aufgrund ihrer Erfahrungen in Seminaren mit dieser Möglichkeit.
Diplomarbeit-Auswertung (pdf)
Die Auswertung ist nun abgeschlossen und es folgt die Diskussion in drei Teilen, wobei der zweite Teil die Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse enthält.
Für neue Leser:
Sie lasen soeben einen Teil aus meiner Diplomarbeit. Genauer gesagt, lasen Sie einen Teil dieses Kapitels.