Katja Thimm (Spiegel-Redakteurin)
Im Swingerclub spielt Liebe keine Rolle.
Michel Houellebecq (Schriftsteller, 48 J.)
Warum auch? Wenn man Lust hat, mit jemandem zu schlafen, möchte man noch lange nicht mit ihm leben. Das möchte man aber, wenn man jemanden liebt (…) Ein Frauenkörper neben mir im Bett, an den ich gewöhnt bin, lindert meine nächtlichen Einsamkeitsängste. Das ist die größte Macht, die Sex hat: Er nimmt einem die existenzielle Angst vor dem Leben. Zärtlichkeit schafft das genauso wie eine Orgie im Swingerclub. (THIMM, 2000)
Wolfgang Kralicek (Falter-Journalist)
Warum verwechseln so viele Menschen Liebe mit Sex?
Catherine Millet (Schriftstellerin, 54 J.)
Das hat damit zu tun, dass die Sexualität in der Zivilisation seit Urzeiten als etwas Gefährliches, Schlechtes angesehen wird. So hat man der Sexualität eben den Mantel der Liebe umgehängt. Es ist auch heute noch so, dass man glaubt, verliebt zu sein, obwohl es oft nur ein sexueller Impuls ist. Man gibt sich damit selbst eine Entschuldigung. (KRALICEK, 2002)
Gunnar (Callboy, 24 J.)
Die Frauen, die sich mit mir treffen, behaupten, dass sie nur die körperliche Liebe wollen. Aber das sagen sie nur, weil sie wissen, dass sie von mir gar nichts anderes kriegen können. In Wahrheit wollen sie natürlich mehr. Die Weiber sind irgendwie für diese Puff-Situation nicht geschaffen. Ein Mann kann, glaube ich, vor und nach dem Orgasmus sein Herz „abschalten“ – eine Frau nicht. Und dann bleibt am Ende so ein fader Geschmack im Mund, auch bei mir. Du hast das Gefühl, sie wollte eigentlich doch etwas anderes, als du gegeben hast. (FEUSTEL, 1992)
Lilly (Anwältin, 35 J.)
Wenn ich mit meinem Herz in den Club reingehen würde, dann wäre die Gefahr, mich zu verletzen, sehr, sehr hoch, weil die Wahrscheinlichkeit so gering ist, dass der Mann es will. Ich gehe da mit einem Keuschheitsgürtel um mein Herz rein, versuche es sehr zu trennen. (FAUST, 2005)
Sybille (Autorin und Kabarettistin, 46 J.)
Und ich muss mir sogar bei einem One-Night-Stand noch vormachen können, ich sei verknallt, sonst geht’s nicht. (KÜRTHY, 2002)
Cora (Bilanzbuchhalterin 43 J.)
Viele gehen in den Swingerclub und sagen, sie trennen Sex von Liebe. Ich gehe in den Club, und für mich ist es auch ein Gefühl, ein Ausdruck von Liebe! Das begrenzt sich auf den Zeitraum, aber nicht auf die Intensität. Das ist ohne Erwartung, aber mit dem Gefühl, dass ich jemand angucke und sage: Schön! So ein inneres Umarmen! (FAUST, 2005)
Anna (Mathematikerin, 44 J.)
Ich bin lange gar nicht gegangen, weil ich immer im Hinterkopf hatte, so ‘n Club ist doch irgendwie was Schlechtes, als wäre das so ein Armutszeugnis: Im freien Leben finde ich niemand, der mit mir ins Bett gehen will, also muss ich in den Club, um mich von so armseligen Gestalten vögeln zu lassen. (FAUST, 2005)
Lilly (Anwältin, 35 J.)
Sex im Club ist wie Knöpfe-Drücken. Man drückt bestimmte Knöpfe, damit bestimmte Gefühle entstehen. Und bei mir ist es so, dass der Partner fast egal ist – fast. (FAUST, 2005)
Jana (Kundenbetreuerin, 27 J.)
Ich habe lange versucht, wie ein Mann zu sein: Sex pur zu genießen, aber niemanden wirklich an mich heran zu lassen. Aber das befriedigt mich jetzt, ehrlich gesagt, nicht mehr hundertprozentig. (KÜRTHY, 2002)
Weib (Bloggerin, Mitte Dreißig)
Bei mir ist es die Erkenntnis, die potentielle, die mich lockt. Ich habe festgestellt, dass ich unheimlich viel dabei über mich selbst, meine Werte und den Sinn des Lebens lernen kann, wenn ich Sexualität bewusst erlebe. Die Lust, beziehungsweise Triebbefriedigung ist ein netter Nebeneffekt. (TWODAY.NET, 2005)
Tine (Vermessungstechnikerin, 54 J.)
Ich kann mich da sehr gut gehen lassen. Ich komme rein in den Club, und alles, was draußen ist, ist für mich vergessen. Ich schalte da total ab. Da kann ich ganz allein entscheiden, was ich mache – und wenn ich den ganzen Abend nur am Tresen sitze und ein Glas Wein trinke. (FAUST, 2005)
Natalia (Laborleiterin, 47 J.)
Es ist irgendwie ein tolles Gefühl, beguckt zu werden, begehrt zu sein – auch von Leuten, die nur mal so gucken. (FAUST, 2005)
Regina (Textildesignerin, 39 J.)
Die Möglichkeit, es in so einem Club zu tun, wo man darf, aber nicht muss, und gucken kann, auch aussuchen – und vor allen Dingen weiß, dass da auch gleichgesinnte Leute sind – man da nicht auf so einer hirnlosen Suche ist, nur weil die Hormone gerade mal wieder verrückt spielen. Das ist ja eher selten, dass man so einen Sexualkontakt auf freier Wildbahn findet. Sex ohne Verpflichtung – kann schon schön sein. (FAUST, 2005)
Iris (Autorin und Lebensberaterin, 49 J.)
Wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich nicht in einer Disco sitzen müssen oder in Bars oder sehnsuchtsvoll schmachtend zu Hause. (FAUST, 2005)
Sandy (Familienpflegerin, 44 J.)
Ich möchte nicht mit sechzig in einem Schaukelstuhl sitzen und mich fragen, was ich eigentlich erlebt habe. Gerade in meinem Beruf sehe ich oft, dass es – zack – zu Ende ist. (FAUST, 2005)
Annie Sprinkle (Autorin, Künstlerin, ehemaliger Pornostar, 50 J.)
Let there be pleasure on earth and let it begin with me. (BROWN et al., 1995)
Diplomarbeit-Prolog (pdf)
KLICK – Worum geht’s hier eigentlich?
Für neue Leser:
Sie lasen soeben einen Teil aus meiner Diplomarbeit.